Andreas Hansen, Gerichtshalter in Leck und Tonderaner Amtmann


Andreas Hansen, der Lebensweg eines Lecker Bürgers und Tonderner Amtmannes

Grabmal des Gerichtsschreibers und ersten von der prov. Schleswig-Holsteinischen Regierung eingesetzten deutschen Amtsmannes des Amtes Tondern

Andreas Hansen, Leck, Süderstraße,
geb. 5. Oktober 1795 in Holm,
gest. 16. Mai 1860 in Leck,

Amtmann vom 24. Juli 1848
bis 16. Juli 1850

Diese Säule stand ursprünglich auf dem Grabmal der Familie Hansen aus Leck. Andreas Hansen war das bedeutendste Mitglied der Familie und spielte zur Zeit der Schleswig-Holsteinischen Erhebung im nördlichen Landesteil Schleswig eine große Rolle.

Andreas Hansen wurde am 5. Oktober 1795 als jüngster Sohn einer angesehenen und wohlhabenden Bauernfamilie in Holm geboren. Er war das neunte von insgesamt zehn Kindern, fünf ältere Geschwister verstarben bereits im Kindesalter. Seine Eltern verlor er ebenfalls früh. Nach seinem Jurastudium in Kiel und Heidelberg begann er seine berufliche Laufbahn als Untergerichtsadvokat und Notar in Leck. 1826 heiratete er die 28jährige Sara Nissen aus dem Sophien-Magdalenen-Koog. Die Ehe blieb kinderlos, im Hause wuchsen aber mehrere Pflegekinder (Nichten und Neffen) auf.

Seine berufliche Stellung erforderte einen repräsentativen Hausstand, und so kaufte Andreas Hansen 1828 ein Haus in der Süderstraße 14, welches er abreißen und dort einen Neubau – das erste zweigeschossige Haus in Leck – errichten ließ.

1831 wurde er „Gerichtshalter des kombinierten Gerichts mehrerer adliger Güter“, nämlich Fresenhagen, Hogelund, Gaarde, Lütjenhorn, Boverstedt, Büllsbüll, Karrharde und Klixbüll, die seit 1806 einen gemeinschaftlichen Gerichtsbezirk bildeten.

Kleiner Ausflug in die deutsch-dänische Geschichte

Die Dänen, ein nordgermanischer Stammesverband, haben sich im 6. Jahrhundert aus Jütland niedergelassen. Im 9. Jahrhundert wurden zum ersten Mal die dänischen Grenzen mit der Eider als südlichste dänische Grenze festgelegt. Die Herzogtümer Sachsen-Lauenburg, Holstein und Schleswig gehörten im 19. Jahrhundert formell zu Dänemark, obwohl die ersten beiden Mitglied des Deutschen Bundes gewesen waren. Schleswig war schon lange ein Dänisches Lehen, aber vertraglich seit 1460 „Up ewig ungedeelt“ (= Auf ewig ungeteilt) mit Holstein verbunden. Hierauf gründete sich der Anspruch der Deutschen auf das Schleswigsche Gebiet.

Wie viele Schleswig-Holsteiner seiner Zeit war Hansen ein Patriot. 1841 betritt er zum ersten Mal die politische Bühne und wird als Stellvertreter in die Schleswigsche Ständeversammlung gewählt. Ab 1846 nimmt er selbst an deren Sitzungen teil und stellt am 21. Oktober 1846 als „Privatproposition“ den Antrag auf eine Petition an den König, auch in seiner Eigenschaft als Herzog von Schleswig dem Deutschen Bund beizutreten. Tatsächlich beschloss die Ständeversammlung die Petition mit überwältigender Mehrheit, was bei den Bürgerinnen und Bürgern in Leck große Zustimmung fand.

1847 wurde Hansen selbst zum Abgeordneten gewählt und trat dem „Schleswig-Holsteinischen Patriotischen Verein“ bei. Ein Jahr später brach die „Schleswig-Holsteinische Erhebung“ (oder auch „Erster Schleswig-Holsteinischer Krieg“, im Dänischen „Treårskrigen“=Drei-Jahres-Krieg) der deutschgesinnten Bevölkerung Schleswig und Holsteins gegen die Herrschaft des dänischen Königs in den Herzogtümern aus.

Die provisorische Regierung in Kiel ernannte Andreas Hansen zum Amtmann des Kreises Tondern. Sara und Andreas Hansen bezogen das 1768 erbaute Amtmannpalais in Tondern. Es heißt, „er führte sein Amt sorgfältig und mit größter Besonnenheit, ganz gleich, welche Regierung an der Macht war.“

Doch die „Schleswig-Holsteinische Erhebung“ scheiterte und nach der Niederlage am 25. Juli 1850 bei Idstedt wurde seine Ernennung zum Amtmann außer Kraft gesetzt. Andreas Hansen hatte Tondern bereits eine Woche zuvor „aus gesundheitlichen Gründen“ verlassen. Es wurde Arrest über seine Güter ausgesprochen und ein Verfahren gegen ihn eingeleitet, das für mehrere Jahre für eine bedrückende finanzielle Lage Hansens sorgte.

Am Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen stand 1851 der Sieg des Königreichs Dänemark über die deutschgesinnte Schleswig-Holsteinische Bewegung und Schleswig und Holstein blieben als Herzogtümer mit der dänischen Monarchie verbunden. Nach mehreren Krankenhaus- und Kuraufenthalten wegen seiner Lähmungserscheinungen kehrte Andreas Hansen im September 1854 wieder nach Leck zurück. Nach dem Tod seiner Frau Sara 1856 wurde der Pflegesohn der beiden, Hans-Christian, im Testament vom 13. März 1857 zum Universalerben eingesetzt. In seinen letzten Lebensjahren war Andreas Hansen gelähmt, er starb am 16. Mai 1860 in Leck.

Im Altonaer Mercur vom 20. Mai erschien folgende Anzeige:

Am 16. Mai starb der vormalige Amtmann Andreas Hansen im 65. Lebensjahre; den vielen Freunden und Verehrern des Verstorbenen diese Anzeige von dessen Pflegekindern Christian Hansen und Ida Borgfeld.

Das Grabmal wurde von seinen Pflegekindern errichtet – die abgebrochene Säule soll seine, durch die dänische Besetzung nach dem verlorenen Krieg 1850 zerstörte, politische Karriere symbolisieren – sie könnte aber auch für das Leben eines gebrochenen Mannes stehen.
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Es kam zu einem weiteren Krieg um Schleswig und Holstein – im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 (auch: Zweiter Schleswig-Holsteinischer Krieg) besiegen österreichische und preußische Truppen als Verbündete der Schleswig-Holsteiner die dänischen Truppen bei Düppel. Im August 1865 erhält Preußen das Herzogtum Schleswig und das Herzogtum Sachsen-Lauenburg, während Holstein an Österreich fällt. 1866 besetzt Preußen Holstein. Dies wurde der formale Grund für den Deutschen Krieg, in dessen Folge Preußen Holstein annektierte und aus allen drei Gebieten 1867 die preußische Provinz Schleswig-Holstein bildete.

Im Ersten Weltkrieg blieb Dänemark neutral. 1920 fiel nach einer Volksabstimmung Nordschleswig an Dänemark. Der mittlere und südliche Teil – Südschleswig – blieb bei Deutschland. Die so gezogene Grenze bildet noch heute den Grenzverlauf.