Besuch auf Hof Schmörholm


Am Wochenende hat sich die Bundestagsabgeordnete Gyde Jensen (FDP) bei drei landwirtschaftlichen Betrieben in Leck, Stedesand und Emmelsbüll-Horsbüll über die Situation der Landwirte informiert. Gestartet wurde auf dem Hof Schmörholm, der vor 16 Jahren von Hauke Brodersen und seiner Frau Roswitha übernommen wurde. Der Hof wurde 1380 erstmals urkundlich erwähnt als „nicht sturmflutsicher“.

Seit über hundert Jahren ist er im Familienbesitz, mittlerweile in der 4. Generation. Hauke Brodersens Uropa hat den Hof in die Familie gebracht. Sein Sohn, Haukes Großvater, konnte nur zwei Jahre den Betrieb leiten, weil er im Krieg fiel. Seine Witwe hielt mühsam den Hof über Wasser, bis Haukes Vater Broder ihn endlich mit 16 Jahren übernehmen konnte. Nach 50 Jahren übergab Broder Brodersen den Betrieb schließlich 2004 an seinen Sohn.

Diese lange Geschichte ist auch das, was Hauke und Roswitha Brodersen noch motiviert. „Am liebsten würden wir hinschmeißen, aber dann wäre alles, was unsere Vorfahren mühsam aufgebaut haben, verloren. Wenn unsere Tiere erst einmal weg sind, kommen nie wieder Tiere!“ sagt Hauke Brodersen resigniert.

v.l. Roswitha und Hauke Brodersen, Iwer Ebsen (Vorsitzender des Bezirksverbandes der FDP) und Gyde Jensen (MdB/FDP)

Die Preise für landwirtschaftliche Tierhaltung sind desaströs, egal ob für Fleisch oder Milch. 240 Rinder und bis zu 1000 Schweine haben die Brodersens auf ihrem Hof, aber ohne die Einnahmen aus dem Verkauf von Erdbeeren und Himbeeren, den zehn Ferienwohnungen und einem kleinen Anteil erneuerbarer Energien könnten sie ihre Familie nicht ernähren, wären keine Neuinvestitionen möglich.

Der aktuelle Fleischpreis für Schweine liegt bei 1,19 €/kg. Ein Schwein bringt rund 110 € im Verkauf, für das Ferkel zahlt ein Landwirt momentan 33 €, an Futter investiert er noch einmal 65€, dazu kommen Kosten für Tierarzt, Strom, Mitarbeiter. Unterm Strich bleibt für den Landwirt nichts übrig.

Durch die Pandemie und die Situation in den Schlachthöfen bedingt, werden die Schweine zurzeit nicht abgeholt, wenn der Transporter endlich kommt, gehen die Schweine übergewichtig weg. Ferne Märkte wie China, die bestimmte Fleischteile als Delikatesse ankaufen, sind derzeit ebenfalls verschlossen. Aldi, Edeka, Rewe und Lidl bestimmen 90% des deutschen Marktes. Der Handel wird mit billig produziertem Fleisch aus Südamerika überflutet. Fleisch aus Deutschland kann damit nicht konkurrieren. Dabei legt Hauke Brodersen Wert darauf, dass bei ihm von der Produktion des Futters bis zur Entsorgung der Gülle alles auf seinen Feldern passiert.

Ein guter Preis wäre 1,80 € für ein Kilogramm Schweinefleisch. Davon ließen sich keine Reichtümer erwirtschaften, aber es bliebe wenigstens etwas übrig.

„Seit einem Jahr sind die Landwirte auf den Straßen – fahren mit ihren Treckern nach Kiel und Berlin – wir brauchen JETZT Hilfe, um unsere Betriebe halten zu können. Der Bauernstand geht am Stock“, sagt Roswitha Brodersen deprimiert. „Weniger als 1% der Bevölkerung arbeiten noch in der Landwirtschaft, wir haben einfach keine Lobby, wir sind keine Wählerstimme, die man gewinnen muss…“ ergänzt ihr Mann.

Ohne Planungssicherheit sieht es düster aus auf dem landwirtschaftlichen Betrieb. Dazu kommt in diesem Jahr erschwerend hinzu, dass coronabedingt im Frühjahr fast alle Buchungen des Urlaubshofes von März bis Mai storniert werden mussten – ein Verlust von 45.000 €, der die Familie hart trifft – zumal die nächste Hauptsaison (Silvester und Weihnachten) vor der Tür steht und auch da möglicherweise die 50 Betten auf dem Hof nicht mit Urlaubsgästen belegt werden dürfen.

Es ist wichtig, seinen Betrieb auf mehreren Standbeinen aufzubauen. Aber wenn zwei von vier Standbeinen (Tierhaltung, Früchtehof, Ferienhof und reg. Energien) wegfallen, bleibt nicht mehr viel Halt. Da ist die Versuchung manchmal groß, seine Flächen für Photovoltaik zur Verfügung zu stellen und auf 30 Jahre für 2.000€/ha zu verpachten.

Sollen wir unseren Kindern empfehlen, den Beruf des Landwirtes zu lernen?

…fragt sich Hauke Brodersen nachdenklich. Sohn Malte ist jetzt 16 Jahre alt und befindet sich gerade in der Berufsplanung. Hauke Brodersen denkt dabei nicht nur an die finanzielle Situation, sondern auch, dass er täglich von 6 bis 21 Uhr für seinen Betrieb auf den Beinen ist. Einziger Luxus im Jahr sind zehn Tage Familienurlaub Anfang Januar.

Aktuelles Projekt ist z.B. der Bau eines festen Gewächshauses für die Erdbeeren – in den Bau werden, wenn die erste Erdbeere reif und verzehrfertig ist, 440.000 € geflossen sein. Alleine die Baugenehmigung hat 17.600 € gekostet. Solche Bauten werden in anderen Bundesländern wie Niedersachsen beispielsweise mit 50 % gefördert. In Schleswig-Holstein gibt es nichts. Da wünscht sich Roswitha Brodersen mehr Einheitlichkeit.

Auch für andere Dinge wünschen sich die beiden Änderungen:

„Die 90-Tage-Regelung muss weg.“

Damit ist gemeint, dass ihre Erntehelfer, die schon seit Jahren fest aus Polen kommen, nach 90 Tagen das Land verlassen müssen. Dann aber ist die Ernte noch nicht beendet und ein eingespieltes Team bricht auseinander.

„Der Zoll muss sich auf die Mehrsprachigkeit bei den Mitarbeitenden einstellen!“

An manchen Tagen kommen zwei oder drei Kontrollen auf dem Hof zusammen:  da ist die „Initiative Tierwohl„, die die Einhaltung der Tierwohlkriterien überwacht, die Familie Brodersen als zertifizierter Betrieb einhält, gerade vom Hof gefahren, schon findet sich die Berufsgenossenschaft zur Überwachung der Betriebssicherheit ein. Zuletzt kommt der Zoll, der überprüft, ob Arbeitnehmer angemeldet sind und ihre Mindestlöhne erhalten. Schwierig, wenn der Erntehelfer kein Deutsch spricht und die Formulare nicht in verschiedenen Sprachen vorliegen.

Diese Wünsche greift Gyde Jensen (MdB) gerne auf, denn…

Damit helfen Sie uns ungemein, wenn Sie konkret sagen, womit wir helfen können – denn das ist doch die Aufgabe der Politik, konkrete Forderungen zu stellen!

Zum Schluss zeigen Roswitha und Hauke Brodersen ein kurzes Video, dass ihre zwölfjährige Tochter gemeinsam mit einem Freund für die Schule gemacht hat. Es macht alle Anwesenden sehr betroffen – Imke hat u.a. ihren Vater per WhatsApp „interviewt“ über die Perspektiven eines Landwirtes, hat diese Audiosequenzen ebenso eingebaut wie Videos der Treckerdemos auf dem Weg nach Berlin. Am Schluss zieht sie ein bitteres Fazit:

„Ich wünsche mir, später mal den Hof meiner Eltern zu übernehmen, aber ob das dann noch möglich ist, das weiß man nicht. Wenn es so weiter geht, werden nach und nach alle Familienbetriebe aussterben.

Und damit auch unser Hof…“

Gyde Jensen zeigte sich beeindruckt von Hauke und Roswitha Brodersens täglichem Kampf, den Hof für die nächste Generation zu erhalten.

Mein Antrieb: Das Versprechen von fairen Chancen, Gleichberechtigung, Freiheit und unantastbarer Würde muss für alle Menschen gelten.

Gyde Jensen

Wir sind gespannt, ob Gyde Jensen nach diesem Tag ihr Versprechen wahr macht, die Forderungen mit in den Bundestag zu nehmen und für faire, gleichberechtigte Chancen der Landwirte zu kämpfen!