Eine Information vom Kreis Nordfriesland
Innerhalb weniger Tage errichtete die Untere Katastrophenschutzbehörde des Kreises Nordfriesland in der Husumer Messehalle im März eine Unterkunft zur Erstaufnahme ukrainischer Geflüchteter. Dabei sind die vor Ort geschaffenen Strukturen durchaus besonders: 300 Schutzsuchende können hier seitdem zentral mit allem, was sie brauchen, versorgt werden, bevor ihnen Wohnungen im Kreisgebiet zugewiesen werden.
Neben Verpflegung, Hygieneartikeln und Kleidung erhalten sie vor Ort bereits die Möglichkeit, alle wichtigen Behördengänge zu absolvieren – stets begleitet von inzwischen insgesamt fünf Dolmetschern, die der Kreis eingestellt hat. Eigens dafür abgestellte Teams der Ausländerbehörde und des Sozialamtes kümmern sich in der Halle seit Beginn – genau aufeinander abgestimmt – um entscheidende Formalitäten. Die Verantwortlichen der Messe Husum stellten den Kreismitarbeiterinnen und -mitarbeitern dafür ganz selbstverständlich einen Teil ihrer Büros zur Verfügung.
Geflüchtete, die vom Land zugewiesen werden oder ungesteuert nach Husum kommen, durchlaufen in der Erstaufnahmeeinrichtung zunächst eine Art Check-In, im Rahmen dessen sie – sofort, spätestens aber für den nächsten Tag – einen Termin bei der Ausländerbehörde erhalten. Dort unterstützt das Team sie bei der Registrierung sowie der Beantragung eines Aufenthaltstitels nach Paragraph 24 des Aufenthaltsgesetzes und gibt ihnen einen Leistungs- und Sozialhilfeantrag mit.
Gleich nebenan kümmern sich rund acht Kolleginnen und Kollegen des Sozialamtes im Anschluss um die Schutzsuchenden. Hier wird der Leistungs- und Sozialhilfeantrag bearbeitet und die Ukrainerinnen und Ukrainer erhalten einen ersten Barbetrag in Höhe von 100 Euro pro Person. Zudem meldet das Team die Menschen für eine Krankenversicherung bei der Techniker Krankenkasse (TK) an. Innerhalb von zwei Tagen liegt ihnen – dank der hervorragenden Arbeit der TK – bereits eine vorläufige Krankenversicherungskarte vor; eine ärztliche Behandlung ist bei Bedarf oft aber schon nach wenigen Stunden möglich.
Für Christian Grelck, Leiter des Fachbereiches Soziales und Arbeit, ist die Kombination aus Ausländerbehörde und Sozialamt eine Besonderheit: „Diese Art der schnellen Hand-in-Hand-Arbeit direkt vor Ort in der Erstaufnahmeeinrichtung gibt es nicht überall. Sie ermöglicht es uns, dass die Geflüchteten in dem Moment, in dem sie einer Wohnung zugewiesen werden, bereits alle Voraussetzungen haben, um Arbeit aufnehmen zu können.“
„Unsere Zusammenarbeit untereinander sowie mit der Messe Husum, dem DRK, das den Betrieb der Notunterkunft inzwischen übernommen hat, und den anderen haupt- und ehrenamtlichen Kräften vom THW, der Feuerwehr, dem Diakonischen Werk und Co. ist fantastisch“, hält Kai Mintrop, Leiter der Ausländerbehörde, fest. „Wir alle ziehen an einem Strang und können uns aufeinander verlassen. Das hat es uns erlaubt, diese besonderen Strukturen in Zeiten der Pandemie kurzfristig auf die Beine zu stellen. Und das erlaubt es uns, den Geflüchteten so schnell helfen zu können. Hierauf können wir wirklich stolz sein“, ergänzt Mintrop.
721 Schutzsuchende haben das Angebot vor Ort bereits in Anspruch genommen und sich registriert. Anfänglich war das rund 15-köpfige Team der Ausländerbehörde sieben Tage die Woche im Schichtbetrieb in der Messe im Einsatz. Inzwischen ist man an drei Vormittagen vor Ort und verteilt jeden Dienstag und Donnerstag im Kreishaus die Aufenthaltstitel an registrierte Geflüchtete, die von Anfang an privat untergekommen oder – wie 240 Personen unter ihnen – von der Erstaufnahme aus inzwischen in Wohnungen gezogen sind.
„Natürlich hat diese zusätzliche Arbeit auch Auswirkungen auf die tagtäglichen Aufgaben innerhalb der Ausländerbehörde, die wir durch personelle Verstärkung jedoch gut auffangen können. Und trotzdem zeigen die Bürgerinnen und Bürger großes Verständnis dafür, dass es in dieser Ausnahmesituation auch einmal zu kleineren Wartezeiten kommen kann“, berichtet Mintrop und bedankt sich dafür zugleich. Auch die unter der Nummer 04841 67-210 erreichbare Hotline der Ausländerbehörde wurde inzwischen wieder aktiviert, um auf Fragen aus der Bürgerschaft kurzfristig reagieren zu können.
Eines ist klar: Auch wenn alle Abläufe in der Erstaufnahmeeinrichtung gut funktionieren und vor Ort etwas Ruhe eingekehrt ist, Stillstand bedeutet das für die Arbeit vor Ort und in den Sozialzentren im Kreisgebiet nicht. Bund und Länder beschlossen kürzlich, Geflüchtete aus der Ukraine ab dem 1. Juni 2022 in die staatliche Grundsicherung nach Sozialgesetzbuch II aufzunehmen; bisher fallen Ukrainerinnen und Ukrainer noch unter das Asylbewerberleistungsgesetz.
„Unsere Arbeit wird dies noch einmal verändern, denn wir müssen damit mehr in Richtung Arbeitsvermittlung denken“, verdeutlicht Grelck und weist darauf hin, dass es in den kommenden Wochen schwerpunktmäßig gilt, die Strukturen in den Sozialzentren im Kreis auszubauen. „Auf dem Arbeitsmarkt werden Fachkräfte benötigt und es gibt viele Menschen, die helfen wollen, aber wir müssen zunächst eine Dolmetscherstruktur in den kommunalen Jobcentern aufbauen, damit Vermittlungsarbeit geleistet werden kann.“
Mit Blick auf eine zukünftige Erwerbstätigkeit der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer, bedeutet das, dass sprachliche Barrieren schnellstmöglich abgebaut werden müssen. Damit liegt eine weitere Herausforderung der kommenden Monate auf dem Ausbau von Sprachkursangeboten, wie Peter Martensen, Integrationsbeauftragter des Kreises, weiß. „Die Sprachkursversorgung wird derzeit abgestimmt. Wichtig ist jedoch, dass wir weiterdenken und auch berufsbegleitende Sprachkurse ermöglichen, die in Teilzeit absolviert werden können“, so Martensen.
Von zentraler Bedeutung wird die Integration der Schutzsuchenden fortan sein. Viele von ihnen verdeutlichen, dass sie gerne wieder in ihre Heimat zurückkehren möchten, wann das jedoch möglich sein wird, bleibt ungewiss. Umso wichtiger werden die Ehrenamtsbetreuung und -begleitung, die niedrigschwellige Asylbetreuung sowie die Sprach- und Kulturmittler in den Ämtern des Kreises zukünftig sein.
„Die hervorragenden Strukturen, die die Ämter in Nordfriesland in diesen Bereichen seit der Flüchtlingskrise 2015 aufgebaut haben, wurden in den vergangenen Jahren stets mit eigenen Kreismitteln gefördert“, erklärt Grelck. „Diese vorausschauenden Entscheidungen helfen uns jetzt, da die vorhandenen Strukturen die überaus wichtige Integrationsarbeit nun erleichtern“, ergänzt Martensen. Darin, dass man alle diese Herausforderungen als Team weiterhin gut meistern wird, sind sich Christian Grelck, Kai Mintrop und Peter Martensen einig.