Historischer Ochsenweg
Der Ochsenweg bezeichnet einen alten Heer- und Handelsweg, auf dem Ochsen von ihren Aufzuchtgebieten im Norden Jütlands nach Süden bis zur Elbe bei Wedel (und gelegentlich noch weiter) getrieben wurden. Er war ein bedeutender Heerweg im 30jährigen Krieg. Der Name erinnert aber vor allem an die großen Ochsentriften („treiben“), die vom 14. Jahrhundert bis in das 19. Jahrhundert stattfanden. In jedem Frühjahr wurden die Ochsen von Jütland aus in großen und kleinen Herden auf die Märkte nach Bramstedt, Itzehoe und Wedel getrieben. Von hier verkaufte man sie in die großen Städte bis ins Rheinland und nach Holland. Sogar von Verschiffungen nach England von Tönning aus, das Mitte des 19. Jahrhunderts über die größte Werft in Deutschland verfügte, wird berichtet. 1861 wurden dort zB 23.530 Rinder und sehr viele Schafe verladen.
Der Viehhandel und die Zolleinkünfte daraus waren insbesondere im 16. und 17. Jahrhundert ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. In Spitzenzeiten wurden auf dem Ochsenweg mehr als 50.000 Tiere pro Jahr nach Süden getrieben. Damit die Tiere allerdings unterwegs nicht zu viel an Gewicht verloren, trieb man sie in ihrem eigenen Tempo voran und legte unterwegs auch immer einen Ruhetag ein.
Die Ursprünge des Ochsenweges liegen wahrscheinlich in der Bronzezeit. Der Weg verlief überwiegend auf dem trockenen Teil der beiden wichtigen Naturlandschaften der Kimbrischen Halbinsel, der Geest des Baltischen Landrückens im Osten und am Geestrand als Zugang zum Marschland im Westen. Über 4.000 Jahre lang wurden aber nicht nur Waren, sondern auch Ideen und Kultur auf diesem historischen Fernweg zwischen Nord- und Mitteleuropa ausgetauscht.
Seine Blütezeit erlebte der Weg zwischen dem 15. Jahrhundert und der Fertigstellung der Marschenbahn im Jahr 1887. Mit dem Zeitalter der Industrialisierung wurde auch der Viehtransport einfacher.
Es ist aber falsch, nur von einem Ochsenweg zu sprechen; es gab derer zwei, einen östlichen, der von Viborg über Haderslev, an Flensburg und Schleswig vorbei nach Wedel führte, und einen westlichen, der über Ribe, Tondern, Leck und Husum nach Wedel führte. Wenn heute von dem Ochsenweg gesprochen wird, dann ist allerdings meistens der östliche gemeint.
Beide Ochsenwege folgen dabei in ihrem Verlauf jeweils weitgehend wesentlich älteren Heerwegen, die ebenfalls aus dem Norden Jütlands nach Süden führten. Für den westlichen Ochsenweg hat sich die Bezeichnung Ochsenweg erst im 18. oder 19. Jahrhundert durchgesetzt.
„Einst zog sich der uralte Weg von Skagen nach Hamburg hinunter. Da mahlten die schweren, von 4 bis 6 Pferden gezogenen Planwagen mühsam durch den Heidesand, da kehrten die Staatskarossen der dänischen Könige hier ein, und die 400-köpfigen jüttischen Viehtriften zogen mit Hallo und Gebrüll die alte Heerstraße hinunter nach Tondern, Leck, Enge, Engerheide, Schardebüll, Soholm über den stattlichen Urstromtal der Soholmer Au, Husum, Itzehoe und Hamburg zu Markte.“
„Manch ein Wanderer ist müden Fußes durch den Flugsand des Ochsenweges gezogen.
Kam er von Süden her und näherte sich endlich Leck, konnte er erleichtert aufatmen:
Leck war für ihn eine Oase.“
(Paul Tappe)
Der Verlauf des westlichen Ochsenweges ist in der Karrharde zwischen Leck und Enge noch gut zu erkennen: im Langenberger Forst verläuft auf fast 5 km Länge ein Teilstück des Ochsenweges. Dieser unter Natur- und Denkmalschutz stehende Weg ist das längste noch weitgehend erhaltene Teilstück in Nordeuropa und lässt ahnen, wie der Ochsenweg seinerzeit beschaffen war: er war nicht viel mehr als eine von Karren zerfurchte Sandpiste.
1548 wurden die beiden Viehmärkte, die ursprünglich an der alten Heerstraße von Tondern nach Flensburg gelegenen Wallfahrtskapelle Strichsand statt fanden, nach Leck verlegt. Während der hauptsächliche Viehauftrieb und -handel mit dem Fettvieh aus den Marschen im Herbst vor sich ging, entwickelte sich der Pfingstmarkt in Leck bald zu einem weithin bekannten Krammarkt. Hier wurde aber auch das jütische Magervieh angeboten.
„So z.B. sind hier mitunter im Frühjahr an 6000 Stück magere Rinder, vornehmlich Ochsen, im Sommer 3 – 4000 Schweine an einem Tage am Platz.“
Die Namen Viehmarktplatz, Marktstraße, Markt und Schafmarkt erinnern an eine intensive Markttätigkeit rund um die Lecker Hauptstraße, der heutigen Einkaufsstraße, die als B199 mitten durch den Ort verläuft. Noch heute findet der Lecker Jahrmarkt mit Schaustellern aus dem ganzen Land zweimal im Jahr auf dem Viehmarktplatz am Rathaus statt.
Den ersten Lecker Wochenmarkt gab es übrigens schon im Jahre 1689. Noch heute gibt es an jedem Freitagvormittag Obst und Gemüse, Honig und Käse, Fleisch und Fisch auf dem Kirchplatz vor der Kirche St. Willehad. Zweimal im Jahr findet parallel zum Jahrmarkt der „Lecker Landmarkt“ ebenfalls auf dem Kirchplatz statt.
Um all die wertvollen historischen Zeugnisse des Ochsenwegs zu schützen, zu erhalten und wieder ins Bewusstsein der Menschen zu rücken, wurde 1996 der Verein Arbeitsgemeinschaft Ochsenweg gegründet. Unter anderem ließ die Arbeitsgemeinschaft große Plastiken an verschiedenen Punkten entlang des Wegs aufstellen. Die Ochsenhörner sollen die Berührungspunkte aus Vergangenheit und Zukunft sowie ein Stück gemeinsamer kultureller Geschichte Dänemarks und Deutschlands symbolisieren. Der einzige Standort am Westlichen Ochsenweg ist übrigens am Ortseingang Leck, aus Richtung Flensburg kommend. In Leck wurden die Hörner 2007 aufgestellt, als 12. von 14 Hörnerpaaren.
Mehr Informationen zum Ochsenweg
www.ochsenweg-ev.de (Arbeitsgemeinschaft Ochsenweg e.V.)
www.marschundfoerde.de
www.westlicher-ochsenweg.de
Auf den Spuren der Ochsen
Die „Ochsenwegroute“ – eine der 16 Erlebnisrouten in der Rad- und Freizeitkarte Nordfriesland Nord – startet am Lecker Rathaus und führt über 30 km u.a. über den historischen Ochsenweg. (PDF-Infoflyer)
Im Langenberger Forst kann man auf dem Permanenten IVV-Wanderweg den Westlichen Ochsenweg ebenfalls entdecken. Mehr Informationen dazu gibt es bei den Wanderfreunden Leck (Mehr unter www.dvv-sh-hh.de)
Infoquellen u.a.
Geschichtsverein Leck und Karrharde e.V.
Johannes Paulsen, Schleswig Holstein Ein Heimatbuch (4. Auflage) 1949
Paul Tappe: Das alte Leck